Einleitung
Der lateinische Ausdruck „pro rata temporis“ taucht in Verträgen, Versicherungen, im Arbeitsrecht und im Finanzwesen regelmäßig auf. Wörtlich übersetzt bedeutet er „im Verhältnis zur Zeit“. Doch was genau steckt dahinter? Ganz einfach: Es geht darum, eine Leistung oder Zahlung anteilig nach Zeit zu berechnen. Dieser Artikel erklärt dir ausführlich, was „pro rata temporis“ heißt, wo der Begriff in der Praxis genutzt wird und wie du mit Beispielen selbst verstehen kannst, was damit gemeint ist.
Was bedeutet „pro rata temporis“?
Der Begriff setzt sich aus drei lateinischen Wörtern zusammen:
- pro = für, entsprechend
- rata = Anteil
- temporis = der Zeit
Gemeint ist also eine zeitanteilige Berechnung. Wenn jemand zum Beispiel nur einen Teil des Jahres arbeitet, wird das Gehalt oder der Urlaubsanspruch nicht für das ganze Jahr, sondern nur für die gearbeitete Zeit berechnet – eben pro rata temporis.
Abgrenzung: „pro rata“ vs. „pro rata temporis“

- pro rata bedeutet allgemein „anteilig“.
- pro rata temporis bedeutet speziell „anteilig nach Zeit“.
👉 Beispiel:
- pro rata: Ein Bonus wird unter mehreren Mitarbeitern nach Leistung verteilt.
- pro rata temporis: Ein Jahresbonus wird nur für die Monate gezahlt, in denen man tatsächlich angestellt war.
Pro rata temporis im Arbeitsrecht
Im Arbeitsrecht ist der Begriff besonders wichtig. Typische Fälle:
- Urlaubsanspruch bei Teilzeit oder unterjährigem Eintritt
Wer z. B. am 1. Juli in ein Unternehmen eintritt, hat Anspruch auf die Hälfte des Jahresurlaubs. Ein voller Jahresurlaub stünde nur bei einem Arbeitsbeginn am 1. Januar zu. - Teilzeitbeschäftigung
Teilzeitkräfte haben Anspruch auf Urlaubstage pro rata temporis. Arbeiten sie nur 50 % der regulären Arbeitszeit, erhalten sie auch 50 % des Urlaubsanspruchs. - Kündigung im laufenden Jahr
Wenn ein Arbeitsverhältnis am 30. September endet, werden Urlaub, Bonus oder Weihnachtsgeld ebenfalls zeitanteilig berechnet.
Pro rata temporis bei Gehaltszahlungen
Auch beim Gehalt wird oft pro rata temporis gerechnet. Das passiert z. B.:
- bei einem untermonatigen Arbeitsbeginn (z. B. Start am 15. März, Gehalt nur für die zweite Hälfte des Monats),
- bei unbezahltem Urlaub oder Sabbatical,
- bei Teilzeit oder Jobsharing.
👉 Rechenbeispiel:
Ein Jahresgehalt beträgt 60.000 €. Eintritt ist am 1. Juli.
- Volles Jahresgehalt: 60.000 €
- Gearbeitete Monate: 6 (Juli bis Dezember)
- Gehalt pro rata temporis: 60.000 € ÷ 12 × 6 = 30.000 €
Pro rata temporis in der Finanzwelt
Im Bankwesen, bei Krediten und Investitionen wird pro rata temporis ebenfalls oft genutzt:
- Zinsberechnung: Wenn ein Kredit mitten im Monat aufgenommen oder zurückgezahlt wird, fallen die Zinsen nur zeitanteilig an.
- Dividenden: Aktieninhaber erhalten Dividenden ggf. nur pro rata temporis, wenn sie die Aktie nicht das ganze Jahr hielten.
- Versicherungen: Beiträge werden oft tageweise berechnet – z. B. wenn eine Versicherung nicht am 1. des Monats startet.
Pro rata temporis in Versicherungen
Besonders bekannt ist der Begriff in der Versicherungsbranche:
- Kfz-Versicherung: Kündigt man mitten im Jahr, wird die Prämie zeitanteilig zurückerstattet.
- Hausratversicherung: Wer erst im Mai eine Police abschließt, zahlt nicht den ganzen Jahresbeitrag, sondern nur pro rata temporis ab Mai bis Dezember.
Vorteile der pro rata temporis-Berechnung
- Fairness: Jeder zahlt oder erhält nur das, was seiner tatsächlichen Zeit entspricht.
- Transparenz: Es gibt klare Regeln, wie Urlaub, Gehalt oder Beiträge berechnet werden.
- Flexibilität: Verträge müssen nicht exakt an Monats- oder Jahresgrenzen beginnen.
Nachteile & Kritik
- Komplexität: Laien verstehen die lateinische Formulierung oft nicht sofort.
- Ungenauigkeiten: Rundungen können zu Cent- oder Tag-Differenzen führen.
- Unterschiedliche Regelungen: Je nach Land, Branche oder Vertrag gibt es Abweichungen.
Beispiele aus der Praxis
Beispiel 1: Urlaub pro rata temporis
Ein Mitarbeiter hat Anspruch auf 30 Urlaubstage pro Jahr. Er tritt am 1. Oktober ein.
- Restmonate: 3 (Okt–Dez)
- Berechnung: 30 ÷ 12 × 3 = 7,5 Urlaubstage (aufgerundet 8 Tage).
Beispiel 2: Versicherung pro rata temporis
Eine Hausratversicherung kostet 240 € pro Jahr. Start ist am 1. Juli.
- Restmonate: 6 (Jul–Dez)
- Berechnung: 240 € ÷ 12 × 6 = 120 € Beitrag.
Beispiel 3: Kredit pro rata temporis
Ein Kredit hat 5 % Jahreszins. Laufzeit: 1. Januar bis 15. Juni.
- Zinsen werden nur für 5,5 Monate berechnet, nicht für das ganze Jahr.
Rechtliche Grundlagen
- Deutschland: BGB (Bürgerliches Gesetzbuch), Bundesurlaubsgesetz (BUrlG).
- EU-Recht: Richtlinien zur Teilzeitarbeit und Gleichbehandlung.
- International: In vielen Ländern ist „pro rata temporis“ in Arbeits- und Finanzgesetzen verankert.
Pro rata temporis und Verträge

In vielen Verträgen (Arbeitsvertrag, Mietvertrag, Versicherungsvertrag) steht ausdrücklich:
„Ansprüche werden pro rata temporis berechnet.“
Das bedeutet für dich: Zahlungen oder Leistungen sind zeitanteilig geregelt.
Häufig gestellte Fragen
1. Was heißt pro rata temporis auf Deutsch?
Es bedeutet „zeitanteilig“ oder „im Verhältnis zur Zeit“.
2. Wo wird der Begriff am häufigsten genutzt?
Im Arbeitsrecht (Urlaub, Gehalt), bei Versicherungen (Beiträge) und im Finanzwesen (Zinsen, Dividenden).
3. Ist pro rata temporis immer fair?
Ja, weil es Leistungen nur für die tatsächliche Dauer berechnet. Allerdings kann es je nach Vertrag Ausnahmen geben.
4. Gibt es Unterschiede zwischen pro rata und pro rata temporis?
Ja. „Pro rata“ heißt allgemein „anteilig“, während „pro rata temporis“ speziell die Zeit berücksichtigt.
5. Kann ich pro rata temporis selbst berechnen?
Ja. Formel: Gesamtanspruch ÷ Gesamtzeit × tatsächliche Zeit.
Fazit
„Pro rata temporis“ klingt zwar kompliziert, ist aber in Wirklichkeit sehr logisch: Alles wird zeitanteilig berechnet. Ob Urlaub, Gehalt, Versicherungsbeitrag oder Zinsen – du bekommst oder zahlst genau den Anteil, der der tatsächlich genutzten Zeit entspricht. Dieses Prinzip sorgt für Fairness und Transparenz in vielen Lebensbereichen. Wer den Begriff versteht, kann Verträge besser lesen und finanzielle Entscheidungen klüger treffen.